Der hochinfektiöse Achtsamkeitserreger (Teil 7)

Mit den Hobbits durch die Krise: Bilbo Beutlins Mitgefühl

Als der Zauberer Gandalf die Geschichte von Gollum erzählt, der den tückischen Ring mehr als 500 Jahre besessen hat, ruft Frodo entsetzt aus: “Welch ein Jammer, dass Bilbo diese üble Kreatur nicht abgestochen hat, als er die Gelegenheit hatte.”

 

Woraufhin Gandalf antwortet: “Jammer? Es war Jammer, der ihm zu Herzen ging. Mitleid und Erbarmen geboten ihm Einhalt; ohne Not wollte er nicht töten. Und er ist reich belohnt worden, Frodo. Und so viel ist gewiss: Er hat durch den Ring so wenig Schaden gelitten und konnte ihm am Ende entkommen, weil er seinen Besitz auf diese Weise angetreten hat. Voll Mitleid.”

Und was hat dieser fiktive Dialog mit der realen Situation heute zu tun? Mitgefühl für uns selbst und anderen in schwierigen Situationen verhindert, dass wir größeren Schaden erleiden.

 

Später wird Frodo, der Gollum im Laufe der Geschichte persönlich kennenlernt, selbst Mitgefühl spüren und dem armen Wicht nichts zu leide tun. Nicht einmal sein Gefährte Samweis Gamdschie, der auf Gollum nicht gut zu sprechen ist, bringt es über sich, das Geschöpf zu töten, als sich ihm die Gelegenheit bietet.

 

Den Weg zum allumfassenden Mitgefühl nennt die Psychoanalytikerin Luise Reddemann den Weg der “zärtlichen Achtsamkeit”. Voraussetzung dafür ist das eigene Leid zu bemerken und anzuerkennen, zwischen meinem und deinem Schmerz unterscheiden zu können, sowie der Wille und die Fähigkeit, die Ursachen von Leid zu erkennen und nicht mehr zu schaffen.

 

Mitgefühl geht mit Gleichmut, Freude, Dankbarkeit, Wohlwollen und klugem Handeln einher. In den Höhlen tief unter dem Nebelgebirge lässt sich Bilbo auf ein Rätselspiel mit Gollum ein, das er gewinnt. Bilbos Blick richtet sich auf das Gemeinsame, nicht das Trennende. Und obwohl Gollum sich nicht an die Abmachung hält, widersteht Bilbo der Versuchung, die elende Kreatur mit seinem Schwert zu erschlagen.

 

Mitgefühl lenkt den Fokus auf unsere Verbundenheit mit allen anderen und verhindert, dass wir uns von eigenem und fremden Leid abwenden, weil wir uns davon nicht “anstecken” lassen wollen. Wie mitfühlend gehen Sie mit sich selbst um? Mit anderen? Wie äußerst sich ihr Mitgefühl?

 

Die folgende angeleitete ca. 20-Minuten-Meditation lädt dazu ein, mit einer mitfühlenden Haltung, sich selbst und anderen gegenüber, zu experimentieren.